Der Berliner Büroimmobilienmarkt ist im Wandel. Homeoffice und KI lassen den Bedarf an klassischen Arbeitsplätzen schwinden. Eine Folge: Auch immer mehr angemietete Büroflächen stehen leer und verursachen den Firmen unnötige Kosten. „Die Nachfrage nach Büroimmobilien ist stark zurückgegangen“, sagt Kemal Zeyveli, Regional Manager der Firma Colliers, ein deutschlandweit agierender Dienstleister im Bereich Gewerbeimmobilien.
Während in Berlin 2019 noch rund eine Million Quadratmeter neu vermietet oder verkauft worden seien, rechne man in der Branche bis Ende 2023 nur noch mit bis 570.000 Quadratmetern Flächenumsatz, prognostiziert der Immobilienberater.

Firmen in Berlin vermieten Büroflächen unter

Während in den Jahren 2019 bis 2021 zum Beispiel aufstrebende Start Ups noch Fläche auf Vorrat gemietet haben, wollen diese inzwischen selbst Teile ihrer Büros wieder untervermieten, weil ihre Mitarbeiter vermehrt zu Hause arbeiten. So ist auch die Leerstandsquote von vier Prozent in Berlin (2019 waren es noch 1,2 Prozent) wenig aussagekräftig.
Trotzdem sind umsatzstarke Unternehmen scheinbar weiter bereit, für nachhaltige Bürokonzepte in Berliner Citylagen extrem hohe Mieten zu zahlen. Die Spitzenmiete lag Anfang dieses Jahres bei 43 Euro pro Quadratmeter, die Durchschnittsmiete in der Stadt bei 32 Euro. „Büros innerhalb der Ringbahn bleiben knapp und teuer – in den Nebenlagen sind sie mit 21,40 Euro pro Quadratmeter deutlich günstiger“, berichtet Zeyveli.

Rückbau wird gleich mitgedacht

Außerhalb des S-Bahn-Ringes seien Büros gefragt, die Teil von Campuskonzepten sind und ergänzende Mischnutzungen zum Beispiel mit Laboren möglich machen. „Die Gebäude müssen vor allem flexibel sein und integrierte Rückbaumöglichkeiten aufzeigen“, meint Sarah Kocabiyik von der Bauaktiongesellschaft „UNDKRAUSS“.
Unter anderem baut die Firma derzeit eine alte Apotheke in einem Plattenbau an der Landsberger Allee zu Büros um. „Der Besprechungsraum wird dabei heute wieder zum Arbeitsraum oder sogar zum Ausstellungsraum“, erklärt Kocabiyik, „Wichtig ist, dass man alle Elemente wieder rückstandslos ausbauen kann, was ja auch gut für die Ressoucenschonung ist.“
„Langfristige Anmietungen von fünf bis zehn Jahren werden weniger“, sagt auch Martin Ballweg, Geschäftsführer von Scaling Spaces. Der Dienstleister übernimmt für Unternehmen gegen Gebühr den Betrieb sowie die Vermarktung ihrer überschüssigen Büroflächen. „Damit die Untervermietung auch klappt, sind Faktoren wie eine gute Verkehrsanbindung, verschiedene Lunch-Optionen im Umkreis, aber auch Sportmöglichkeiten für die Mitarbeiter von Vorteil“, berichtet Ballhaus.
Besonders gut ließen sich möblierte Flächen ab rund 1.000 Quadratmeter, die eine Restlaufzeit von mindestens zwei Jahren haben und einen guten Ausbaustandard aufweisen, untervermieten, berichtet Ballweg. „Idealerweise sind einzelne Bereiche abtrennbar. Auch eine Möblierung ist vorteilhaft und die Mitnutzung von Gemeinschafts- und Servicebereichen wie Terrasse, Außenbereiche und Parkplätze.“

Projekte an der Rudower Chaussee mit 150.000 Quadratmetern Fläche

„Der eine will verzimmern, der andere Open-Space“, sagt Mareike Lechner, Vorstand der immobilien-experten-ag. Das inhabergeführte Unternehmen beschäftigt sich bereits seit Mitte der 1990er-Jahre mit dem Standort Adlershof und entwickelt aktuell an der Rudower Chaussee drei Projekte mit insgesamt über 150.000 Quadratmetern Bruttogesamtfläche.
Beim 85.000 Quadratmeter umfassenden Bürokomplex „Am Oktogon – Campus für Gewerbe und Technologie“ sind neun von 16 Büro- und Gewerbeneubauten fertiggestellt. Rund 40.000 Quadratmeter seien derzeit bereits vermietet, so Lechner. Dazu sei sie mit weiteren Mietern im Gespräch, deren Namen sie aber noch nicht verraten dürfe.
Im neuen Office Lab Campus (OLC) in Adlershof hat sich unter anderen auf rund 2.500 Quadratmetern die bbw Hochschule eingemietet. Die Lage des Neubaus am Eingang zum Wissenschafts- und Technologiepark in Berlin-Adlershof macht die Objekte für gewissen Branchen interessant.
Im neuen Office Lab Campus (OLC) in Adlershof hat sich unter anderen auf rund 2.500 Quadratmetern die bbw Hochschule eingemietet. Die Lage des Neubaus am Eingang zum Wissenschafts- und Technologiepark in Berlin-Adlershof macht die Objekte für gewissen Branchen interessant.
© Foto: immobilien-experten-ag
Weil es sich im Technologiepark Adlershof meist um Branchen handele, die weniger im Homeoffice funktionierten, bestünde auch eine hohe Nachfrage nach Neubauten von bestehenden Campus-Mietern. Dabei sind die Neubau-Mieten mit 15 bis 18 Euro netto kalt pro Quadratmeter verhältnismäßig günstig. Die Entwickler achten zudem beim Bau auf flexible Grundrisse, denn viele Mieter schätzten heute die Möglichkeit des individuellen Ausbaus, um zum Beispiel Büros mit Testlabors zu kombinieren, erklärt Lechner.
Die ruhige Lage nicht weit vom S-Bahnhof Adlershof entfernt habe für manchen Arbeitnehmer auch einen gewissen Erholungsfaktor, betont Lechner. Der Standort auf der Innovationsachse Berlin-Lausitz mit Autobahnanbindung bedeutet für Pendler aus Brandenburg zudem kürzere Wege, als wenn sie in der Innenstadt arbeiten würden.

Hotel statt Bürohaus

Doch dass nicht alles auf der Achse im Südosten Berlins funktioniert, zeigt ein Neubauprojekt in Schönefeld. „Wir sind 2021 fertig geworden und die Vermietung ging nur sehr schleppend voran“, berichtet Felix Gold von DIE Deutsche Immobilien Entwicklungs AG (DieAG).
Doch die Entwickler akquirierten für das ursprünglich als reines Büroensemble angelegte Mizar Gate Office (MGO) die Novum Hospitality Gruppe als Hauptmieter. In Haus A entsteht nun ein Lifestyle-Designhotel mit 150 Zimmern. Haus B bleibt Bürostandort und in Haus C werden 175 Kurzzeitapartments eingerichtet. Für die Ausbauarbeiten sind neun bis zwölf Monate eingeplant, die Eröffnung ist für Mitte 2024 vorgesehen. „Der Trend bei der Büroumnutzung geht Richtung Wohnen und Hospitality“, glaubt Gold.
Doch ein Umbau ist häufig kostenaufwändig und nicht überall möglich. Das BE-U/Behrendsufer in Oberschöneweide, wo die DieAG gerade 13.000 Quadratmeter Büro-Labor-Flächen entwickelt, wurde von dem Bezirk Treptow-Köpenick als „geschützte Gewerbefläche“ deklariert. Grund dafür war, dass in Schöneweide durch Wohnungsneubau viel Gewerbe verdrängt wurde.
Hotels und Kurzeit-Apartments sind allerdings wie in Schönefeld erlaubt. „Wir planen am BE-U neue Gebäude, die von ihrer Ausrichtung her im Ausbau sowohl Büro- aber auch Hotel-/Service- und Appartementnutzung aufnehmen können“, erklärt Gold. Beim Bauantrag müsse man sich unter anderem wegen der Brandschutzfestlegungen jedoch zunächst auf eine Nutzung festlegen. „Diese kann erst zu einem späteren Zeitpunkt neu überdacht werden.“
„Gewerberaum kann nicht, ohne weiteres in Wohnraum umgewandelt werden, aber es ist möglich“, sagt auch Alexandra Hofer aus der Pressestelle der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Sofern sich für leerstehende Bürogebäude keine öffentlichkeitwirksamen Nutzungen finden lassen, wäre Wohnen als belebender Faktor keine schlechte Alternative. Derzeit würden auf Bundesebene Änderungen bei den Baugenehmigungsverfahren diskutiert, um die Transformation von Gewerbeimmobilien zu erleichtern. „Allerdings kommt diese Novelle erst 2024“, so Hofer.
Blick in eines der zukünftigen Büros des neuen Bauprojekts "Equalizer" in der City West.
Blick in eines der zukünftigen Büros des neuen Bauprojekts „Equalizer“ in der City West.
© Foto: DieAG
Auch DieAG würde gerne mehr Wohnraum entwickeln. Doch ihr jüngstes Projekt, der Büroturm „Equalizer“ an der Kurfürstenstraße in der City West, liegt in einem Kerngebiet, das für Neubauten keine Wohnnutzung aufgrund von baurechtlichen Vorgaben zulässt. Ein Wohnhaus und ein ehemaliges Hotel, einst mit Ausnahmeregelungen errichtet, werden derzeit für den „Equalizer“ abgerissen.
Auf rund 13.175 Quadratmetern sollen bis 2026 Büroflächen mit Dachterrassen, integrierten Loggien und Hofgärten entstehen. Um die Vermietung (36,50 Euro pro Quadratmeter) jetzt schon anzukurbeln, gibt es Hochglanz-Prospekte und 3D-Modelle. Früher habe man meist nur einen Zettel mit Eckdaten gebraucht, der einem schnell aus der Hand gerissen worden sei, erinnert sich der Immobilienexperte. „Heute muss man sich bei der Vermietung schon ordentlich ins Zeug legen.“