Die brandenburgische AfD gewinnt weiter in der Wählergunst. Das legt eine INSA-Umfrage im Auftrag der Bild-Zeitung nahe, die am Dienstag (04.07.) veröffentlicht wurde. Demnach kommt die Partei bei der Frage, wen man am kommenden Sonntag bei einer Landtagswahl in Brandenburg wählen würde, auf 28 Prozent der Befragten.
Bei den Wahlen im September 2019 waren es nur 23,5. Auf Platz zwei liegt in der Umfrage die SPD mit 21 Prozent – ein Minus von mehr als 5 Punkten im Vergleich zu 2019 und der Verlust des Spitzenplatzes als stärkste Kraft. Auf Platz drei käme die CDU mit 18 Prozent, etwas mehr als die 15,6 bei der Landtagswahl. Allerdings hatten die Christdemokraten in vorangegangenen Umfragen auch schon mal deutlich besser abgeschnitten.

Wenig Veränderung bei den kleineren Parteien

Die Grünen würden knapp zwei Prozentpunkte verlieren und 9 Prozent erreichen, die Linke liegt in der Umfrage bei 10, geringfügig weniger als 2019 und BVB/Freie Wähler würde mit 5 Prozent wieder in den Landtag einziehen. Die Liberalen mit 3 Prozent dagegen nicht.
Wenn am Sonntag Landtagswahl in Brandenburg wäre, dann läge die AfD vorn.
Wenn am Sonntag Landtagswahl in Brandenburg wäre, dann läge die AfD vorn.
© Foto: Lehmann/Quelle: Insa-Meinungstrend/BILD.de
Rein rechnerisch könnte die Kenia-Koalition mit so einem Ergebnis ihre Arbeit knapp vorsetzen, da SPD, CDU und Grüne gemeinsam auf 48 Prozent kämen, da auch die sogenannten Sonstigen auf 6 Prozent kämen, aber keine der darunter zusammengefassten Parteien die Fünf-Prozent-Hürde überspringen könnte.
In einer ersten Reaktion warf Linken-Fraktionschef Sebastian Walter den Koalitionsparteien vor, die Ängste der Menschen nicht ernst zu nehmen. Stattdessen würden immer mehr Positionen der AfD übernommen, in der irrigen Hoffnung, so Wähler zurückgewinnen zu können.
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Potsdam
CDU-Fraktionschef Jan Redmann zeigte sich von den Ergebnissen nicht überrascht. Auch er sieht die Ursachen in der Verunsicherung vieler Bürger. Als Ursache benannte er das sogenannte Heizungsgesetz der Bundesregierung, dessen Folgen für die Bürger nach wie vor nicht einzuschätzen wären. Er empfiehlt, beispielsweise bei kommunalen Wahlkämpfen die AfD zu ganz konkreten Problemlösungen zu zwingen und sie nicht mit Themen davon kommen zu lassen, die auf anderen Ebenen entschieden werden müssen. Für Linkenchef Walter ist die CDU damit auf dem besten Weg, mit der AfD zusammenzuarbeiten. Die angebliche Brandmauer sei löchrig wie ein Fischernetz, erklärte er.
Die SPD sieht die Ursachen für die guten Umfrageergebnisse der AfD ebenfalls in der Bundespolitik. Generalsekretär David Kolesnyk betonte, dass es bei der Landtagswahl im kommenden Jahr darum gehen werde, ob Ministerpräsident Dietmar Woidke das Land weiter gut voranbringt. Schon 2019 hatte die SPD den Wahlkampf auf die Frage „Wir oder die AfD“ zugespitzt und damit Wähler von anderen Parteien abzuziehen versucht.

Berndt erwartet Regierungsverantwortung für seine Partei

AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt hatte in der vergangenen Woche gegenüber der Märkischen Allgemeinen erklärt, dass seine Partei angesichts guter Umfrageergebnisse mit einem eigenen Ministerpräsidenten-Kandidaten in die Landtagswahl im September 2024 ziehen sollte. Die Frage, wer dies seien könnte, ließ er jedoch offen. Am Dienstag fügte er hinzu, dass die guten Umfragewerte auf das Versagen der anderen Parteien zurückzuführen seien. „Wenn alle anderen Parteien wahnsinnig geworden sind und Politik gegen Deutschland machen“, müsse man sich nicht wundern, wenn die einzige Oppositionspartei Zuspruch erhält, argumentierte Berndt. Gleichzeitig betonte er, dass seine Partei jetzt besser werden müsse, weil sie früher oder später Verantwortung zu übernehmen habe. Landesvorsitzende Birgit Bessin gab am Dienstag das Ziel aus, nun die 30-Prozentmarke in Brandenburg in Angriff zu nehmen.
Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke warnte dagegen, die Werte der AfD überzubetonen. Der Trend gehe auch wieder nach unten, zeigte er sich sicher. Gleichzeitig räumte er selbstkritisch ein, dass die Regierungsfraktionen sich in der Sache streiten sollten, ohne den Eindruck zu erwecken, sich gegenseitig zu blockieren. Raschke warnte davor, die AfD zu „normalisieren“ und zum „Du“ überzugehen. Es bleibe eine Partei, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wird.

Wissenschaftler erklärt Erfolge der AfD in Ostdeutschland

Nach Ansicht des Jenaer Soziologen Klaus Dörre profitiert die AfD in den ostdeutschen Bundesländern von einer gefühlten Entwertung vieler Menschen. „Hier fühlen sich viele gleich dreifach abgewertet und missachtet: als Arbeiter, als Ossi, inzwischen auch als Mann“, sagte Dörre dem „Spiegel“. Die AfD bediene dabei das Bedürfnis der Menschen nach Anerkennung. „Rechtsradikale werten sie auf, als Deutsche und Patrioten, als Angehörige einer Volksgemeinschaft, nicht einer Klasse.“
Dabei definierten sie die soziale Frage um – „nicht mehr als Konflikt zwischen Unten und Oben, Arbeit und Kapital – sondern zwischen Innen und Außen: Die Eindringlinge – Geflüchtete und andere Migranten – beanspruchen laut dieser Erzählung unser Volksvermögen, die müssen raus“, erläuterte der Experte.