Einmal im Jahr, so habe man es ihm jedenfalls erklärt, sagt der Bundestagsabgeordnete Mathias Papendieck, komme Kanzler Olaf Scholz, der ja selbst Bundestagsabgeordneter ist, zum Bürgerdialog in die Brandenburger Wahlkreise seiner Fraktionskollegen. An diesem Dienstag (8. August) nun in Papendiecks Wahlkreis. Aussuchen können habe er sich den Termin nicht, der sei ihm mitgeteilt worden. Und eigentlich sollte der Veranstaltungsort auch schnell erreichbar sein von Berlin aus, möglichst nicht mehr als 45 Minuten. Beeskow sei da schon die Grenze gewesen.
Aber es hat geklappt, der Kanzler ist in die LOS-Kreisstadt gekommen. Die Runde, die wegen des unbeständigen Sommerwetters in den Saal der Burg Beeskow gelegt wurde, war eine geschlossene. Nur geladene Gäste waren zugelassen. Zuerst, so Papendieck, habe man so mit 60 gerechnet, am Ende waren es an die 100 Personen im Raum, die Presse im Tross des Kanzlers mitgezählt.

Wenig Zeit für die Organisation

Dass die Runde nicht öffentlich war und es auch keine Ankündigung zum Kanzlerbesuch in der Stadt gegeben hatte, hatte im Vorfeld für Diskussionen in Beeskow gesorgt. Über Angst vor anderen Meinungen oder Protesten wurde gemunkelt. Und obwohl am Ende viele vom Scholz-Besuch wussten, blieben diese Proteste fast gänzlich aus.
Lediglich Ralf Kaun aus Pieskow, der selbst schon für den Bundestag und auch für das Amt des Landrats kandidiert hat, war mit einer Handvoll Leute und einem Protestschild erschienen. „Olaf, nein danke“, stand auf der Rückseite der Pappe. Auf der anderen Seite ging es um Frieden in der Ukraine. Auf die Frage, was er denn gegen den Kanzler habe, sagte Kaun dann, dass es eigentlich um die grünen Minister Annalena Baerbock und Robert Habeck gehe, die nicht in die Regierung gehörten. Die, so Kaun, müsste Scholz entlassen.
Der Protest gegen den Kanzler blieb in Beeskow praktisch aus. Lediglich Ralf Kaun hatte ein Plakat mitgebracht.
Der Protest gegen den Kanzler blieb in Beeskow praktisch aus. Lediglich Ralf Kaun hatte ein Plakat mitgebracht.
© Foto: Marcel Gäding
Unverständnis gab es aber auch von anderer Seite. Karolin Ring bedauerte, dass sie oder wenigstens ein oder zwei Kinder von Pizza und Politik auf die Burg eingeladen wurden. Die Initiative, eine Idee von ihr, war von Scholz in seinem Grußwort an das Netzwerk junger Bürgermeisterinnen, ausdrücklich gewürdigt worden.
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Eine halbe Stunde länger als gedacht mussten der protestierende Ralf Kaun und auch die geladenen Gäste schließlich auf den Kanzler warten, der sich nach den obligatorischen Begrüßungsfotos auf dem Burghof mit Papendieck und dem Beeskow SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Sven Wiebicke schließlich auch noch die Burganlage erklären ließ, bevor er den Saal betrat. Als Papendieck seinen Beeskower Parteifreund vorstellen wollte, winkte der Kanzler nur ab. Der Bürgermeisterkandidat, die Plakate hängen doch schon überall in der Stadt. Dass hier bald gewählt wird, das hatte Olaf Scholz schon mitbekommen.
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Regionale Themen spielten kaum eine Rolle

Eine Wahlkampfveranstaltung, wie auch im Vorfeld befürchtet, wurde die Gesprächsrunde dann aber ganz und gar nicht. Regionale oder gar lokale Themen spielten praktisch keine Rolle. Was auch hätte der Kanzler, der versprach, alle Fragen zu beantworten, da auch konkret sagen sollen. Auch den Fragestellern war das bewusst. Es handelte sich vor allem um Menschen aus und um Beeskow, die sich ehrenamtlich engagieren. Vertreter von Sport-, Kultur- und Sozialvereinen waren vertreten, außerdem etliche Kameraden von freiwilligen Feuerwehren.
Nach dem Bürgerdialog blieb Zeit für Fotos und einen kurzen Wortwechsel mit Olaf Scholz. Beeskows Stadtbrandmeister Alexander Voigt erinnerte den Kanzler an ein früheres Gespräch in Potsdam.
Nach dem Bürgerdialog blieb Zeit für Fotos und einen kurzen Wortwechsel mit Olaf Scholz. Beeskows Stadtbrandmeister Alexander Voigt erinnerte den Kanzler an ein früheres Gespräch in Potsdam.
© Foto: Olaf Gardt
Und so ging es im Gespräch um Rente, Kürzungen im Sozialhaushalt des Bundes, die technische Ausstattung des Katastrophenschutzes, den Krieg in der Ukraine, die Energiepreise, die Rückgabe von Beutekunst, die drohende Spaltung der Gesellschaft, Herausforderungen der Digitalisierung, den notwendigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur.

Arcelor-Betriebsrat pocht auf Förderung zur Standortsicherung

Richtig konkret wurden eigentlich nur Gewerkschafter und Betriebsräte von Arcelor Mittal in Eisenhüttenstadt, die von Scholz dringend Förderzusagen zur Umstellung der Stahlproduktion und damit für den Erhalt des Standortes einforderten. Für Betriebsratschef Dirk Vogeler hatte der Kanzler dann auch nach der großen Rund noch ein paar Minuten Zeit.
Ankunft von Kanzler Olaf Scholz auf der Burg Beeskow
Ankunft von Kanzler Olaf Scholz auf der Burg Beeskow
© Foto: Olaf Gardt
Zeit hatte der Kanzler auch für die Besucher der Runde, die ein Foto mit ihm machen wollten. Immer wieder stellte er sich vor das kleine SPD-Banner. Nur vom Büfett, das im Nebenraum aufgebaut war, bekam der Kanzler nicht so viel mit. Ein paar mal griff er bei den Salzstangen zu, mehr Zeit blieb nicht. Noch einen Blick auf die Burganlagen wolle er werfen. Und, so versicherte er es ausdrücklich, er sei schon neugierig auf die Burg gewesen. Schließlich sei seine Frau als Ministerin hier mehrfach zu Gast gewesen und habe davon erzählt. Und vielleicht kommt er auch wieder. Er sei durchaus neugierig auf die Stadt und sie stehe nun auf der Liste möglicher Wochenendausflugsziele mit dem Fahrrad.