- Das 144. Baumblütenfest in Werder (Havel) findet vom 22.04. bis zum 01.05.2023 statt.
- Werder (Havel) bietet abseits von Obstwein und Blüten viele historische Orte mit kultureller Bedeutung, die einen Abstecher lohnen. Wir stellen einige von ihnen vor.
„Und wie alle echte Sehnsucht schließlich in Erfüllung geht, so auch hier, und ehe noch der Juli um war, brauste der Zug wieder über die große Havelbrücke, erst rasch, dann seinen Eilflug hemmend, bis er zu Füßen eines Kirschberges hielt: »Station Werder!«“, schreibt Theodor Fontane in Band 3 seiner „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“, der den Titel „Ost-Havelland“ trägt.
Auch heute noch lohnt es sich, Fontane im Gepäck zu haben, wenn man sich nach Werder aufmacht. Nicht nur auf seinen Spuren lässt sich rund um die Inselstadt vieles an Kultur entdecken.
Ein Ort der Ruhe: die Heilig-Geist-Kirche
Wer im Trubel des Baumblütenfests etwas Ruhe sucht, ist in der Heilig-Geist-Kirche samt altem Friedhof auf der Insel richtig. Die von Friedrich August Stüler neogotisch umgebaute Kirche ist mit ihrem markanten spitzen Turm das Wahrzeichen von Werder. Schon Fontane fand sie zwar „als Landschaftsdekoration aber […] von seltener Schönheit“, interessierte sich dann aber mehr für ein Altargebäude, das er damals in einer als „Rumpelkammer“ bezeichnten Sakristei fand und das heute gegenüber der Kanzel hängt, wie Robert Rauh und Gabriele Radecke in ihrem frisch im BeBra-Verlag erschienenen Buch „Fontanes Havelland“ berichten. Fun Fact, auch das von Rauh und Radecke beobachtet und geschildert: In und um die Kirche herum wurde die RTL-Verfilmung von „Miss Merkel – Ein Uckermark-Krimi“ gedreht, die am 21. März ausgestrahlt und noch bei RTL+ zu sehen. ist.
Erinnerung an einen Sohn der Stadt: Wohnhaus von Karl Hagemeister
Nur ein paar Schritte von der Kirche entfernt, in der Kirchstraße Nr. 14, lebte ein Künstler, der in den vergangenen Jahren eine Art Renaissance erlebt hat: Karl Hagemeister wurde hier 1848 geboren und starb 1933. Der Impressionist, der vor allem durch seine bewegten See- und Wolkenbilder bekannt wurde, muss ein ziemlicher Eigenbrötler gewesen sein. Er lebte zeitweise in einer Hütte bei Ferch – und war eher bekannt für das von ihm geschossene Wild sowie die Pillen und Tropfen, die er als bekennender Homöopath anbot. Sein Geburts- und Sterbehaus macht im 175. Jahr seines Geburtstags einen eher traurigen Eindruck. Wer Bilder von ihm sehen will, muss ins Potsdam Museum gehen, das 15 Gemälde, fünf großflächige Pastelle sowie 76 Zeichnungen.besitzt und unlängst mit „Verschneiter Birkenwald an einem Bachlauf“ ein weiteres Schlüsselwerk erworben hat. Auch das Museum der „Havelländischen Malerkolonie“ in Ferch erinnert an Karl Hagemeister – und ist von Werder aus ohnehin einen Abstecher wert.
Bismarckhöhe: ein Hauptort des Baumblütenfests
Die Bismarckhöhe am Hohen Weg ist einer der Hauptorte des Baumblütenfests. Hier findet am 21. April 2023 zum Auftakt der Baumblütenball mit Schlagerstar Michelle statt. Die Karten kosten 100 Euro, bis zum 31.03.2023 ist eine Reservierung per E-Mail mit Angabe des vollständigen Namen, einer Rechungsadresse, einer Telefonnummer und der Kartenanzahl unter baumblü[email protected] möglich. Zudem wird die Baumblütenkönigin 2023 auf dem Ball vorgestellt. Auch während des Fests ist die Bismarckhöhe immer eine gute Anlaufstation – auf der Festbühne geben sich Right Now, Undine Lux und DJ Hansy die Ehre, Kinder werden mit der Kindershow TomTom bedient und am 28. April kann man zu Sounds von DJ Hansy, Ingo ohne Flamingo, dem Mütze Katze DJ Team, Stereoact und Die Atzen ausgelassen tanzen.
Gefeiert wurde in der prachtvollen Höhengaststätte auf dem Galgenberg allerdings schon immer. Schon der Dichter Christian Morgenstern traf sich mit seinen Freunden 1895 auf dem Galgenberg zum Zechen und Dichten – die 1905 erschienenen „Galgenlieder“ haben ihren Titel nach dem Ort und der dort begründeten Gruppe der „Galgenbrüder“. An diese feucht-fröhliche literarische Epoche erinnert das Christian Morgenstern Literaturmuseum am Aussichts- und Museumsturm der Bismarckhöhe. An jeden ersten, dritten und fünften Sonntag im Monat kann es von 14 bis 18 Uhr besucht werden.
Kaffee Kontor und Galerie 54 im Lendelhaus
Ebenfalls auf der Insel und kaum zu übersehen: Das ehemalige barocke Gutshaus der Familie Kaehne, 1896 von Georg Friedrich Lendel, nach dem das Haus heute benannt ist, erworben und zur Saftfabrik erweitert, stand lange Jahre leer und verfiel. Seit 2008 wurde das Lendelhaus saniert, heute gibt es in dem schmucken rosa Haus Gästezimmer und Ferienappartments in zentraler Lage sowie das im Oktober 2020 eröffnete Kaffee Kontor Werder mit fair gehandelten und vor Ort gerösteten Kaffeesorten. Und: Im gleichen Haus hat der in Werder lebende Künstler Peter Josef Weymann sein Atelier und seine Galerie54, die er jeweils sams- und sonntags von 14 bis 18 öffnet. Die Ausstellung unter dem schönen Titel „Gott erhalte mir mein kindliches Gemüt“ zeigt seine farbenfrohen Bilder in dichter Hängung.
Als Programmkino prämiert: der Scala Kulturpalast
Etwas abseits des Trubels in der Bahnhofstraße wartet ein besonderes Kleinod. Das Scala-Kino in Werder (bis 2000 Fontane-Lichtspiele) ist ein echter Lichtblick und nach längerer Renovierungsphase 2021 als Kulturpalast wiederauferstanden. Nicht von ungefähr ist das Haus mit der auffälligen Neonschrift und den drei markanten Bögen zur Eisenbahnstraße hin schon mehrfach mit dem Kinoprogrammpreis ausgezeichnet worden, auch für sein exzellentes Kinder- und Jugendprogramm. Hier läuft nicht die übliche Blockbuster-Kinokost, sondern es gibt ein ausgewähltes Programm mit aktuell relevanten Filmen wie „Im Westen nichts Neues“ oder „Tár“ und regional interessanten Filmen wie „Sorry Genosse“, dazu im Sommer open air-Kino auf der Bismarckhöhe. Außerdem gibt es regelmäßig Bühnenprogramm, gerade ist das Musikfestival „Werder klingt“ zu Ende gegangen, bei dem u.a. Uschi Brüning auftrag. Und am 1. April ist Gerhard Schöne mit seinen Jugenderinnerungen „Mein Kinderland“ zu Gast. Und im Scala Mediencafé im Foyer gibt es Café und Kuchen und am Sonntag ab 10 Uhr Brunch.