• Das 144. Baumblütenfest in Werder (Havel) findet vom 22.04. bis zum 01.05.2023 statt. Eröffnet wird es am 21.4. mit dem Baumblütenball
  • Viel Obstwein wird fließen. Wir erklären, wann Privatleute Obstwein keltern und verkaufen dürfen.
  • Außerdem wird die Frage beantwortet, ob das Brennen von Alkohol zu Hause erlaubt ist.
Inspiriert vom Baumblütenfest? Wer einen Garten mit Äpfeln und Birnen sein Eigen nennt, kann Obstwein auch selbst herstellen. Keltern ist gar nicht schwer. Und wurde der Most zum Alkohol vergoren, ist im nächsten Schritt auch das Brennen vom Obstbrand möglich.
Bereits beim Keltern, also der Herstellung von Obstwein aus Früchten, wird es schnell kompliziert und illegal. „Es gibt einen Unterschied, ob ich Obstwein für mich selbst keltere, oder auch im Bekanntenkreis herumreichen möchte“, warnt Ernährungs- und Lebensmittel-Expertin Annet Reinke von der Verbraucherzentrale Brandenburg. „Denn dann bin ich Lebensmittel-Unternehmer, nicht erst, wenn ich Gewinne erzielen möchte, sondern, sobald ich ein Produkt vertreibe und damit an anderen Personen weitergebe.“

Beim Baumblütenfest in Werder Obstwein ausschenken – nur mit Genehmigung

Und als Unternehmer braucht man eine Genehmigung: „Obstweinerzeuger, die zum Baumblütenfest von ihren privaten Gärten aus Obstwein verkaufen wollen, benötigen eine vorübergehende Gaststättenerlaubnis vom Gewerbeamt“, teilt auf MOZ-Anfrage das Büro der Bürgermeisterin Manuela Saß in Werder mit: „Die Erlaubnis kann bis zwei Wochen vor dem Baumblütenfest beantragt werden, die Erlaubnis ist manchmal mit Auflagen versehen.“
Obstwein herstellen: "Grundsätzlich sei es eine gute Sache, überschüssige Lebensmittel weiter zu verarbeitet", findet Lebensmittelexpertin Annet Reinke von der Verbraucherschutzzentrale (VBZ) in Potsdam bei Werder an der Havel.
Obstwein herstellen: „Grundsätzlich sei es eine gute Sache, überschüssige Lebensmittel weiter zu verarbeitet“, findet Lebensmittelexpertin Annet Reinke von der Verbraucherschutzzentrale (VBZ) in Potsdam bei Werder an der Havel.
© Foto: André Wagenzik/VBZ

Gefahren beim Keltern von Obstwein – Kontrollen sind wichtig

Das Risiko, gegen Auflagen und Gesetze zu verstoßen, weil man seinen Garten verflüssigen und dem Dorf eine Freude machen möchte, besteht. „Als Verbraucher müssen wir uns darauf verlassen können, dass Lebensmittel-Unternehmen umfassend kontrolliert werden, damit Verstöße gegen Hygienevorschriften geahndet und verhindert werden, um gesundheitliche Risiken auszuschließen“, sagt die Verbraucherschützerin Reinke. Riskant beim Keltern seien Schimmelbildung und andere Verunreinigungen.
Grundsätzlich sei es aber „eine sehr gute Sache, überschüssiges Obst weiterzuverarbeiten, auch um Lebensmittelverschwendung vorzubeugen, aber es muss ja nicht immer Obstwein sein“, sagt die Verbraucherschützerin. „Aber, egal, ob man Obstwein oder Apfelmus macht, eine gute Hygiene ist das A und O“, meint Reinke: „Alles, von den Verschlüssen bis zu den Flaschen und Gefäßen, muss sehr gut gereinigt werden.“

Privat Alkohol aus Obstwein zu brennen ist verboten

Professionell geht es in der traditionellen Brennerei Grumsiner von Brennmeister Thomas Blätterlein in Angermünde zu. Dort wird vorrangig Getreide zu Whisky verarbeitet. Kunden können nach Anmeldung auch ihre selbstgemachte Maische (ab 700l) oder ihr bestes Obst abgegeben, um daraus legal und sicher Obstbrände destillieren zu lassen: „Besonders wichtig ist, dass man die Auflagen und Regeln der Zollbehörden einhält.“
Vor 2018 durfte man noch kleine Destillen betreiben: „Mit einem halben Liter Fassungsvermögen. Das ist nun untersagt“, weiß Blätterlein. „Heute können Sie entweder eine Verschlussbrennerei oder eine Abfindungsbrennerei betreiben, beides muss vorab beantragt und genehmigt werden“, sagt der Geschäftsführer der Verschlussbrennerei Grumsiner. Diese Brennereien stehen unter besonderer Kontrolle des Staates. „Es ist also ein Handwerk, das sehr vielen Regularien unterliegt“, macht der Brennmeister deutlich. Wer dagegen verstößt, muss mit empfindlichen Geldstrafen von bis zu 10.000 Euro oder gar Gefängnisstrafen rechnen.
Infografik: Ist Alkohol beim Ausgehen wirklich nebensächlich? | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Gefahr des Erblindens durch Methanol beim Obstbrand

Die strengen Vorgaben tun Not. Nicht allein, damit der Staat lukrativ an der Alkoholsteuer verdient. Es gilt, die Bürger vor Erblindung oder Tod zu schützen. „Methanol, der beim fehlerhaften Brennen im Getränk bleibt, macht nicht nur blind, sondern ist allgemein sehr ungesund“, mahnt Blätterlein: „Mit den richtigen Anlagen bekommt der Fachmann den guten Ethanol sauber vom giftigen Methanol getrennt.“

Infos und Führungen

Die Grumsiner Traditionsbrennerei bietet lehrreiche Führungen durch die Brennerei an, Anmeldung unter Telefon: 033337/516999 (Mo.–Fr., 09:00 - 17:00 Uhr), oder: www.grumsiner.de
● Details zur Alkohol-Steuer, zu Stoffbesitzern, zum „Abfindungsbrennen“, Verschlussbrennereien oder Genehmigungen finden Interessierte beim Zoll: www.zoll.de
Warnhinweise nimmt der Experte auch mit der Nase wahr: „Der Geruch nach Klebstoff ist ein typisches Aroma-Bild von Methanol“, erklärt der Brennmeister auch bei Führungen durch die Brennerei und weist auf ein weiteres Risiko bei der Herstellung von hochprozentigen Obstbränden hin: „Wenn Sie mit brennbaren Flüssigkeiten arbeiten, müssen sie Regeln einhalten, die Kühlung muss immer funktionieren.“
Thomas Blätterlein kann riechen, ob nur der Ethanol-Alkohol und gute Aromastoffe in der Spirituose sind. Der studierte Brennmeister stellt in seiner Grumsiner Brennerei aber auch Obstbrände her.
Thomas Blätterlein kann riechen, ob nur der Ethanol-Alkohol und gute Aromastoffe in der Spirituose sind. Der studierte Brennmeister stellt in seiner Grumsiner Brennerei aber auch Obstbrände her.
© Foto: Grumsiner Brennerei G.m.b.H.

Gefahren beim Alkoholbrennen: Kopfschmerzen und Explosionen

In der Brennerei Grumsiner seien schwäbische Destillationsanlagen im Einsatz. „Durch Sicherheitseinrichtungen und der korrekten Betreibung, können wir jegliche Risiken ausschließen“, versichert Blätterlein: „Alkohol ist brennbar und bei einer bestimmten Konzentration von Alkohol in der Luft und einer Zündquelle, kann es zu Explosionen kommen. Rauchen und Destillieren wäre eine schwierige Kombination“, merkt der Brennmeister noch an und warnt vor Fusel: „Wir brennen im Raubrand und Feinbrand, damit letztendlich alle giftigen, aber auch unappetitlichen Stoffe verschwinden“. Das unterscheidet Qualitätsware von Billigware. „Davon bekommt man Kopfschmerzen.“

Von der Maische zum Schnaps – kleines Begriffslexikon

Keltern bedeutet das Auspressen des Saftes aus den Beeren bei der Weinherstellung. Der Begriff leitet sich aus dem lateinischen Wort „calcare“ ab, was zu Deutsch „stampfen“ bedeutet.
● Beim Maischen wird unterschieden zwischen einer Maische, bei der Stärke in Zucker umgewandelt wird (Ausgangsprodukt: Getreide/Mälze oder Kartoffeln, etwas bei Whiskey oder Wodka) und der Obstmaische, bei der Zucker zu Alkohol vergoren wird.
● Für Obstbrände und Obstweine wird das Obst grob zermahlen, die Maische besteht aus feinen Obststückchen und dem ausfließenden Most. Dieses Gemisch wird mithilfe von Hefepilzen zu Alkohol vergoren und danach gebrannt.
Most, der Fruchtsaft, wird beim Keltern (Pressen) gewonnen. Üblich sind Äpfel, Birnen oder Trauben.
● Das Brennen bezeichnet das Destillieren von Alkohol zu Genusszwecken aus einer Maische. Bei Spirituosen ist nicht die Gewinnung eines möglichst reinen Stoffs das Ziel, sondern die Herstellung einer wohlschmeckenden Lösung aus Alkohol, Wasser und Aromastoffen.
Raubrand ist das erste beim Doppelbrennverfahren. Dafür wurde aus der Maische der Alkohol destilliert, aber nicht im Qualität steigernden Vorlauf, Mittellauf und Nachlauf von störenden Aromen abgetrennt (Feinbrand).
Ethanol ist eine farblose, leichtentzündliche, stechend riechende Flüssigkeit, die umgangssprachlich als Alkohol bezeichnet wird.
Methanol ist hochgiftig, eine brennbarer, klare Alkohol-Art, die sowohl in Wasser als auch im „guten“ Ethanol löslich ist. Wird eine Maische unsachgemäß destilliert, bleibt das tödliche Methanol im Getränk.
Fusel bezeichnet nicht fachgerecht destillierte bzw. billige Branntweine oder Spirituosen von verminderter Güte, der beim schlampigen Destillieren entsteht.