● Das 144. Baumblütenfest in Werder (Havel) findet bis 01.05.2023 statt.
● Obstwein gibt es in vielen Sorten. Was sind Qualitätsmerkmale?
● Welcher Wein ruft häufig Kopfschmerzen hervor? Wir nennen eine Faustregel.
„Ein Obstwein muss in erster Linie angenehm fruchtig schmecken“, nennt Reinhard Schmidt, der Vorsitzende des Werderschen Obst- und Gartenbauvereins das wichtigste Kriterium für ein gutes Produkt. „Das Typische jeder Frucht muss dabei herauskommen.“ Die Winzerinnen und Winzer könnten ihre Sorten herb und mild ausbauen. Auch könne der Wein heller oder dunkler ausfallen, je nach verwendeter Sorte. „Es muss aber immer eine Natürlichkeit im Geschmack haben.“
20 Männer und Frauen hätten in diesem Jahr die 67 eingereichten Proben zum Wettbewerb „Goldene Obstwein Kruke 2023“ zum Baumblütenfest getestet, dabei seien erfahrene und neue Mitglieder dabei gewesen. Jede Probe sei mindestens von sechs Personen verkostet worden. „Wir haben das Konzept so geändert, dass wir uns auf das traditionelle Angebot von Werder konzentriert haben“, sagt Schmidt.
Baumblütenfest: Neue Regeln für die „Goldene Kruke“
In neun Kategorien – manche Obstsorten wurden in herb und mild beziehungsweise lieblich gewertet – hat der Verein „Goldene Kruken“ verliehen. In einigen dieser Kategorien gab es mehrere Gewinner. Fünfmal allein erhielt der Obsthof Lindicke die höchste Auszeichnung und ist damit am häufigsten vertreten. Auch Silberne und Bronzene Kruken wurden teilweise mehrfach pro Kategorie vergeben. „40 Prozent der abgegebenen Proben haben eine Kruke erhalten, das ist ein gutes Ergebnis“, zeigt sich Schmidt zufrieden. Das vergangene Jahr sei ein gutes Jahr für die Obsternte gewesen, fügt er hinzu. Der Zuckergehalt der Früchte sei hoch gewesen.
In den Weinen dürfen laut Verein neben den Früchten noch Hefen, Kristallzucker, Milch- oder Zitronensäure verwendet werden. Künstliche Aromastoffe, Honig oder Alkohol dürfen die Hersteller nicht zusetzen. Wer den Wein schwefelt, um ihn haltbarer zu machen, muss das auf dem Etikett ausweisen. „Die Früchte, die verwendet werden, müssen in der Region wachsen“, erklärt der Vorsitzende Schmidt. Es sei aber erlaubt, einen Teil Früchte zuzukaufen, wenn die eigene Ernte nicht ausreichend sei. Die Weine müssen außerdem in Werder (Havel) hergestellt werden.
Rechtlich gesehen sind Obstweine übrigens keine Weine. Sie gehörten zu den „weinähnlichen Getränken“, erklärt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Bodenheim. Daher würden für sie die Vorgaben des Lebensmittelrechtes gelten, nicht die des Weinrechtes. Hier ist zum Beispiel festgehalten, mit welchem Restzuckergehalt ein Fruchtwein als „trocken“ gilt und wann als „mild“ und wie viel Alkohol mindestens enthalten sein muss.
Obstwein oder Wein – was ist der Unterschied?
Von der Entstehung unterscheiden sich Weine aus Trauben und Obstweine nicht: „Beide werden aus vergorener Maische – bei Rotwein - oder vergorenem Saft beziehungsweise Most gewonnen, indem der Fruchtzucker zu Alkohol vergoren wird“, sagt Büscher. Der wahrscheinlich größte Unterschied liege im Alkoholgehalt: „Naturreine Obstweine ohne Zuckerzugabe erreichen durch die natürliche Gärung in der Regel nur zwischen fünf und sieben Volumenprozent.“ Weine aus Trauben erreichten auch ohne Zuckerzugabe leicht 12 bis 13 Volumenprozent oder mehr. Mit Zucker angereichert könnten Obstweine übrigens bis zu 18 Volumenprozent enthalten.
In ganz Deutschland gibt es übrigens nach Schätzungen des Verbands der deutschen Fruchtwein- und Fruchtschaumwein-Industrie e. V. (VdFw) circa 220 Betriebe, die Apfelwein, Fruchtwein und verwandte Produkte herstellen. Dem Verband zufolge wurden rund 102,6 Millionen Liter dieser Produkte im Jahr 2021 von den Betrieben in Eigenkelterung hergestellt. Nur wenige dieser Betriebe würden wirklich in großem Umfang produzieren.
Bleibt noch die Frage nach den Kopfschmerzen. Reinhard Schmidt aus Werder sagt, es gebe nicht den einen Wein, von dem alle Menschen automatisch Schmerzen bekommen. „Es kommt auf die persönliche Veranlagung an“, erklärt er. Manche reagierten eher auf die Fruchtsäure, andere auf den Zucker. „Generell empfehle ich aber, nicht alle Sorten durcheinander zu trinken.“ Sinnvoller sei es, sich auf eine Sorte – beispielsweise Kirsche oder Pflaume – zu beschränken und davon dann die Produkte verschiedener Hersteller zu probieren. „Und auch nicht gleich ein ganzes Glas trinken, erstmal nur kosten, ob es einem gefällt“, rät Schmidt.