- Das 144. Baumblütenfest in Werder (Havel) findet vom 22.04. bis zum 01.05.2023 statt. Eröffnet wird es am 21.4. mit dem Baumblütenball auf der Bismarckhöhe.
- Zahlreiche Obsthöfe bieten Ihre Weinkreationen zum Verkosten an - darunter auch besondere Tropfen.
Der 5000 Quadratmeter große Garten mit 200 Kirschbäumen war vor zehn Jahren als Kleinanzeige ausgeschrieben, erzählt Inge Iwanowitsch. Mit ihrem Mann Stefan betreibt sie den Kirschgarten in Werder.
„Wir waren Laubenpieper in Berlin und sind ursprünglich nach Werder gezogen, um einen größeren Garten zu haben“, erklärt sie. Die alten Obstbäume stehen malerisch verstreut auf der Wiese, statt in Reih und Glied, wie es auf größeren Plantagen oft der Fall ist. Eine kleine Laube ist die einzige Möglichkeit, sich bei Regen zurückzuziehen.
Beim Baumblütenfest wird Obstwein und Kaffee angeboten
„Ich habe mich damals auf den ersten Blick in den Garten verliebt – und erstaunlicherweise war auch mein Mann gleich einverstanden, ihn zu kaufen“, sagt sie. Man braucht ein gemeinsames Projekt, wenn die Kinder aus dem Haus sind, findet sie.
„Die Nachbarn haben uns damals erzählt, dass hier einmal im Jahr das Baumblütenfest gefeiert wird und man dabei Kaffee, Kuchen und Obstwein anbietet.“ Ihr Mann stamme aus der Pfalz und habe dort den Verwandten und Freunden immer im Weinbau geholfen. „Dann können wir den Obstwein auch gleich selbst machen – ich weiß, wie das geht“, habe er gesagt. So sei der Kirschgarten Werder entstanden und Stück für Stück langsam gewachsen, erklärt die Inhaberin. Jedes Jahr investiert das Paar nur so viel, wie sie im Vorjahr mit der Plantage erwirtschaften konnten.
Obstweine werden im Kirschgarten wie Wein ausgebaut
Den beiden Weintrinkern schmeckten die süßen Obstweine aus Werder nicht so recht. „Süßer Obstwein ist eher wie Saft mit Alkohol“, erklärt Inge Iwanowitsch. „Wir haben uns daher auf den trockenen oder halbtrockenen Ausbau der Obstweine spezialisiert. Bei uns ähneln die Obstweine deswegen eher Wein.“
Unter den Kunden gebe es immer mehr Liebhaber dieses Obstweintyps, der bisher in Werder nur wenig vertreten war. Verkauft wird der Wein entweder direkt aus der Kruke oder abgefüllt in Flaschen.
Inge Iwanowitsch hat im Ökodorf Sieben Linden in Beetzendorf die gärtnerische Prinzipien der Permakultur kennengelernt. „Es geht um das Wirtschaften in biologischen Kreisläufen, bei dem alles auf der Fläche bleiben soll, was dort ist.“ Daher war ihr Ziel von Anfang an, so viel biologischen Weinanbau wie möglich zu machen. Auf dem Hof werden außerdem regionale Produkte, auch von Bauern aus der Nachbarschaft, angeboten.
Langfristig ist Bio-Zertifikat für den Obstwein geplant
Außer Süß- und Sauerkirschen ernten Inge und Stefan Iwanowitsch auf der angrenzenden Streuobstwiese Pflaumen, Äpfel, Quitten, Mirabellen, sowie weiße, rote und Schwarze Johannisbeeren.
„Wir kaufen ungespritztes Obst aus Hausgärten auf, um auf die nötige Menge für die Produktion zu kommen“, berichtet Iwanowitsch. Ziel sei es jedoch, irgendwann den Obstwein komplett aus eigenen Früchten herstellen zu können. Die kleine Produktion sei liebevolle Handarbeit, beschreibt Inge Iwanowitsch das Konzept. Die Bio-Zertifizierung sei derzeit noch zu aufwändig und teuer – langfristig aber geplant.
Die Zeit, die für die Umstellung auf Bio-Anbau gebraucht wird, in der der Boden sich von vorhergehender Kontaminierung mit Giftstoffen erholt, ist für viele ökologische Erzeuger ein Problem. „Das ist es bei uns gar nicht – wir sind ja schon zehn Jahre hier“, erklärt sie. Der eigene Ertrag reiche derzeit nur noch nicht für die Herstellung aller Obstwein-Sorten in Bioqualität aus. Lediglich der Kirschwein kann komplett aus eigenen Früchten gemacht werden.
So schmecken die Obstweine vom Kirschgarten
● Der Obstwein aus weißen Johannisbeeren vom Kirschgarten Werder ist strohgelb und wird in der Nase wie im Mund von grünen Aromen bestimmt. Wegen seiner Säure kann er ein guter Begleiter zu Spargel oder Salat mit Radieschen sein.
● Der Quitten-Obstwein fließt dicht und golden ins Glas. Er duftet üppig nach Kernobst, ist samtig und voll im Mund, sowie im Abgang herb und fruchtig. Die stabilen Aromen würden sich ebenbürtig zu gebratenem Fisch mit Buttersauce verhalten.
● Überraschend ist der Birnenwein, dessen Geruch und Geschmack eher an einen edlen Birnengeist erinnert. Anders als dieser hat er jedoch nur 12,5 % Alkohol, sodass er als Digestif eine tolle leichte Alternative wäre.
● Der Pflaumenwein muss wegen seiner 15 % Alkohol als Dessertwein etikettiert werden, was jedoch irreführend ist. Der vollmundige, milde Wein ist kaum süß und verfügt über eine dezente Säure.
● Schwarze Johannisbeere und Sauerkirsche sind die Klassiker des Baumblütenfestes, weil diese Früchte als Obstwein immer funktionieren.
Beim Volksfest die Ruhe im Naturgarten genießen
„Im Moment ist der Garten noch ein Nebenerwerb, sodass auch die Zeit, die wir zur Verfügung haben, begrenzt ist“, erklärt sie. Ihr Mann ist im Hauptberuf Software-Entwickler. Seine Leidenschaft ist die Musik. Inge Iwanowitsch arbeitet als Thai Chi Lehrerin.
Während des Baumblütenfestes werde im Kirschgarten allerdings bewusst keine Musik gemacht, so Inge Iwanowitsch. „Unser Garten ist etwas für Naturliebhaber, die in Ruhe dasitzen und die Blütenpracht genießen möchten – Halligalli ist während des Volksfestes ja überall“, findet sie.
Anders ist das an Himmelfahrt und Pfingsten, wenn der Kirschgarten zum „Barbecue Blues“ einlädt. Musiker bringen dann ihre Instrumente mit und finden sich bei gutem Essen zu spontanen Sessions zusammen. „Der Schwerpunkt liegt auf Blues und Rock, aber letztes Jahr waren auch Flamenco-Gitarristen von den Kanaren da“, erzählt Inge Iwanowitsch.
In jedem Jahr laden die beiden in der Zeit der Kirschernte ihre Kundinnen und Kunden auch zum selbst pflücken ein. „Es gibt Kirsch-Allergiker, die nur unsere Früchte essen können“, berichtet Inge Iwanowitsch stolz. Dem Baumblütenfest sieht sie gern entgegen: „Ich habe das Gefühl, der Garten freut sich, wenn die Gäste kommen.“